Immotipp 78-83: Fallen bei notariellen Kaufverträgen
Nach langer Suche ist es für viele Käufer irgendwann so weit: Der notarielle Kaufvertrag soll abgeschlossen werden. Aber mal ganz ehrlich, wer versteht schon das komplizierte Juristendeutsch auf Anhieb? Lauern da vielleicht an der einen oder anderen Stelle kleine Fallen?
Wurde die Immobilie durch einen erfahrenen, seriösen Makler vermittelt, ist davon auszugehen, dass dieser alle Probleme erkennt und im Interesse aller Beteiligten klärt. Grundsätzlich, insbesondere bei Privatverkäufen, sollte man unbedingt nachfolgende Punkte beachten:
1. Gewährleistungsausschluss – Dieser ist in allen notariellen Kaufverträgen Standard und somit grundsätzlich nicht zu beanstanden. Kritisch ist dieser nur, wenn der Verkäufer versucht, Überprüfungen des bautechnischen Zustandes zu behindern oder sogar zu verhindern. Uns ist ein Fall bekannt, in dem die Heizungsanlage nicht funktionstüchtig war, der Verkäufer es verschwiegen hat und der Käufer im Nachgang für viel Geld eine neue Heizungsanlage einbauen musste. Da die Beweislast für einen arglistig verschwiegenen Mangel beim Käufer liegt, ist sehr häufig in solchen Fällen ein Regress gerichtlich kaum durchsetzbar. Mängel in dieser Größenordnung können bei einem Einfamilienhaus sehr schnell eine kritische Größe erreichen.
Tipp: Bevor Sie ein Haus kaufen, lassen Sie den Bauzustand und die technischen Einrichtungen (Elektroinstallation und Heizung) von einem Fachmann überprüfen.
2. Vertragsgegenstand – Sie sollten unbedingt darauf achten, dass die Immobilie im Kaufvertrag ordnungsgemäß beschrieben ist, d. h. kaufen Sie auch tatsächlich das richtige Grundstück (Flurstück). Im Zweifel vergleichen Sie die Beschreibung im Entwurf mit der Ihnen vorliegenden Flurkarte. Nur so können kostspielige Fehler verhindert werden. Bezüglich eventuell mitverkaufter Einrichtungsgegenstände ist eine genaue Bezeichnung, die keine Missverständnisse zulässt, unbedingt erforderlich.
3. Lastenfreiheit – Schon vor Abschluss des Kaufvertrages sollte sichergestellt sein, dass die Immobilie aus dem Kaufpreis ohne nicht zu übernehmende Belastungen (siehe Punkt 4) verkauft werden kann. Sollten Grundschulden eingetragen sein, die die Höhe des Kaufpreises übersteigen, lassen Sie sich vom Verkäufer eine Bestätigung des Gläubigers vorlegen, dass dieser das Objekt aus der Schuld entlässt. Schon oft mussten Kaufverträge wegen fehlender Lastenfreistellung aufgehoben werden.
4. Bestehen bleibende Rechte – In vielen Fällen lässt es sich nicht vermeiden, dass der Käufer im Grundbuch eingetragene Rechte (z. B. Wegerechte, Sanierungsvermerke) mit übernehmen muss. Ist der Inhalt des Rechtes nicht eindeutig, sollte anhand der Grundakte im Grundbuchamt der genaue Umfang der Belastung festgestellt werden.
Ist der Kaufgegenstand ordnungsgemäß beschrieben und der Übergang ohne nicht gewünschte Rechte gesichert, sollte man unbedingt darauf achten, dass der Kaufpreis erst fällig wird, wenn gewisse Mindestsicherungen erfolgt sind. Diese sind:
5. Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch – Achten Sie darauf, dass der Kaufpreis erst fällig wird, wenn im Grundbuch ein Vermerk eingetragen wird, der den zukünftigen Eigentumsübergang anzeigt. Ohne diese sogenannte Auflassungsvormerkung können Sie nicht sicher sein, dass Sie die Immobilie tatsächlich bekommen.
6. Vorkaufsrecht der Gemeinde – Gesetzlich steht der Gemeinde ein Vorkaufsrecht an der Immobilie zu, welches in der Praxis aber nur in Anspruch genommen werden kann, wenn öffentliche Belange, wie z. B. ein Straßenbau, dem Vollzug des Kaufvertrages entgegenstehen. Mir selbst ist nur ein einziger Fall bekannt, in dem dieses gesetzliche Vorkaufsrecht für eine Teilfläche in Anspruch genommen wurde. Trotzdem sollte auf die Erklärung der Gemeinde vor Kaufpreisfälligkeit nicht verzichtet werden.
7. Behördliche Genehmigungen – In einigen Fällen sind weitere Genehmigungen (z. B. in Sanierungsgebieten) erforderlich, die vor Fälligkeit der Zahlungen beim Notar vorliegen sollten.
Dass die im letzten Immotipp beschriebene Lastenfreistellung von eingetragenen, nicht zu übernehmenden Rechten eine Voraussetzung für die Kaufpreisfälligkeit werden sollte, ist selbstverständlich.
8. Baulasten – Neben den im Grundbuch eingetragenen Rechten, kann die Immobilie über die Eintragung sogenannter Baulasten in der Nutzbarkeit eingeschränkt sein. Baulasten sind öffentlich rechtlicher Natur, werden für Genehmigungsverfahren der Bauaufsichtsbehörde benötigt und dort im sogenannten Baulastenverzeichnis geführt. Die mit Zustimmung des Grundstückseigentümers eintragbaren Beschränkungen können z. B. Grenzabstandsrechte, Zufahrtsrechte oder ähnliches sein.
In der Praxis habe ich bereits mehrere Fälle erlebt, in denen durch die Eintragung einer Baulast ein Objekt im Wert massiv beeinträchtigt wurde. Bei einer Immobilie wurde beispielsweise eine Stellplatzverpflichtung für ein in der Nähe befindliches Wohn- und Geschäftshaus eingetragen, die in der Praxis dazu führte, dass eine Bebauung des unbebauten Grundstücks nicht mehr genehmigungsfähig war. Wenn man dieses Grundstück erwirbt, ohne Prüfung der Baulasten, bekäme man nie die Erlaubnis zur Bebauung, ohne die Stellplätze des Wohn- und Geschäftshauses auf einem anderen Objekt nachzuweisen.
Wenn man jetzt noch erfährt, dass der Eigentümer dieser belasteten Immobilie die Eintragung in der Praxis nur dann gegen sich gelten lassen muss, wenn er sich auch dazu vertraglich verpflichtet hat, erkennt man sehr schnell welche Gefahren Baulasten darstellen können.
Auch wenn der Kaufpreis bezahlt wurde und das Eigentum im Grundbuch umgeschrieben ist, kann es in der Praxis vorkommen, dass der Käufer für Verbindlichkeiten des Voreigentümers verantwortlich gemacht werden kann. „Wie das?“ fragen Sie.
9. Öffentliche Lasten und Erschließungsbeiträge – dies sind z. B. Grundsteuerzahlungen, Aufwendungen für Straßenausbau oder die Herstellung von Entwässerungseinrichtungen (z. B. eines Klärwerkes) oder ähnliches. Nach Gesetz haftet neben dem Eigentümer der Immobilie jedes Grundstück für öffentliche Lasten und Erschließungsbeiträge zusätzlich. Zahlt der Eigentümer die von ihm mit Bescheid angeforderten Beträge nicht, weil er z. B. zahlungsunfähig ist (typischer Weise bei Insolvenz), kann die Gemeinde die Zahlung der offenen Gelder aus dem Grundstück verlangen. Wechselt die Immobilie Ihren Besitzer, ist der neue Eigentümer zwar nicht persönlich für die Verbindlichkeiten des Voreigentümers verantwortlich, kann aber über einen Haftungsbescheid der Gemeinde zur Zahlung aus dem Grundstück verpflichtet werden. Klingt kompliziert, ist für die Gemeinde aber ganz einfach.
Tipp: Sollten ernsthafte Zweifel daran bestehen, ob alle Grundsteuer- und Erschließungsbeiträge gezahlt sind (meist bei Notverkäufen der Fall), sollte in jedem Fall bei den zuständigen Behörden eine Prüfung vorgenommen werden, ob Zahlungen ausstehen, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.
10. Rücktrittsrecht bei Nichtzahlung des Kaufpreises – Achten Sie darauf, dass Ihnen im notariellen Kaufvertrag ein Rücktrittsrecht für den Fall eingeräumt wird, dass der Käufer den Kaufpreis bei Fälligkeit trotz erneuter Fristsetzung nicht zahlt. Dieses Rücktrittsrecht wird in der Praxis mit der Möglichkeit verknüpft, die eingetragene Auflassungsvormerkung im Grundbuch auf Kosten des Käufers wieder zu löschen. Verzichten Sie auf ein solches Rücktrittsrecht, müssten Sie gegebenenfalls einen sehr mühsamen, gerichtlichen Weg gehen, der mit erheblichen Kosten verbunden ist.
11. Finanzierung – Lassen Sie sich vor Abschluss eines notariellen Kaufvertrages von Ihrem Käufer die Finanzierung des Kaufpreises nachweisen. Verfügt er über ausreichend Eigenkapital, soll er Ihnen dieses durch entsprechende Belege dokumentieren. Im schlimmsten Fall haben Sie nämlich nicht nur keinen Käufer mehr, sondern bleiben auch noch auf den Kosten der Rückabwicklung sitzen. Diese können sehr schnell mehrere Tausend Euro betragen.
Tipp: Sollten Sie Fragen zu Ihrem notariellen Kaufvertrag haben, befragen Sie den Vorsteher des Notariats, der Ihnen sehr gerne alles ausführlich erläutert.