Immotipp 293-296: Bestellerprinzip beim Verkauf – ja oder nein?
Im Juni 2015 trat das sogenannte Bestellerprinzip für die Mietwohnungsvermittlung in Kraft, nachdem ab diesem Zeitpunkt derjenige die Leistung des Maklers bezahlen muss, der dessen Leistung beauftragt hat. In früheren Immotipps haben wir unsere Meinung dazu kundgetan. Derzeit gibt es eine Gesetzesinitiative der Grünen im Bundestag, dieses Bestellerprinzip auch beim Verkauf von Wohnimmobilien einzuführen. Was halte ich davon?
Zunächst lohnt es sich, mal zu schauen, was das Bestellerprinzip im Bereich der Mietwohnungen gebracht hat. Erklärtes Ziel war ja, die Kosten für die Mieter bei der Anmietung zu reduzieren. In Gera und Umgebung hat es (fast) keine Auswirkungen gegeben. Aber wie sieht es in den Ballungsräumen wie München oder Stuttgart aus? Dort ist das im Internet zu findende Angebot an Mietwohnungen deutlich zurückgegangen, d. h. Mietinteressenten von außerhalb finden nur ein deutlich verringertes Angebot vor, da viele Wohnungen „unter der Hand“ direkt vom Eigentümer vermietet werden. Das verringerte wahrnehmbare Angebot hat zwangsläufig zu steigenden Mietpreisen geführt. War das mit dem Bestellerprinzip gewollt?
Allerdings hatte das Bestellerprinzip bei Mietwohnungen einen positiven Nebeneffekt: Einige Makler haben die Tätigkeit in diesem Bereich aufgegeben. Sehr häufig gerade die, die in der Branche als „schwarze Schafe“ angesehen wurden.
Im letzten Immotipp habe ich festgestellt, dass das Bestellerprinzip im Bereich der Mietwohnungen aus meiner Sicht versagt hat, weil die Angebote in den Problemregionen zurückgegangen und die Mietpreise gestiegen sind. Die Politik hat in diesem Bereich wieder einmal an den Symptomen „herumgedoktert“ ohne die Ursache zu beseitigen, die darin zu suchen ist, dass gerade in den Ballungsräumen viel zu wenig neuer Wohnraum entsteht.
Führt man jetzt ein ähnliches Prinzip auch beim Kauf von Wohnimmobilien ein, besteht bei den derzeitigen Bemühungen ebenfalls ganz klar die Gefahr, an dem eigentlichen Ziel vorbeizuschießen. Erklärtes Ziel der Gesetzesinitiative der Grünen ist es, die Kaufnebenkosten für Familie zu reduzieren. Das halte ich für sehr gut, deshalb lohnt sich ein Blick darauf, wie hoch diese Kaufnebenkosten sind und woraus Sie sich zusammensetzen:
Nach einer Studie der LBS Immobilien aus August 2018 betragen die durchschnittlichen Kaufnebenkosten 11,4 %. Der Löwenanteil davon geht mit 6,5 % als Grunderwerbsteuer direkt an den Staat. Der Makler bekommt vom Käufer durchschnittlich 2,9 %, soweit er überhaupt an dem Erwerb beteiligt ist, was er laut der Studie aber nur in 50 % aller Fälle überhaupt ist.
Wer diese Fakten betrachtet erkennt sehr schnell, dass das Argument, die Kaufnebenkosten für Familie reduzieren zu wollen, indem man das Bestellerprinzip auf den Kauf ausdehnt, nicht greift. Doch welche Alternativ bleibt? Dazu im nächsten Immotipp mehr.
Wenn man die Kaufnebenkosten für Familien ehrlich reduzieren will, hilft eigentlich nur, für derartige Vorgänge einen entsprechenden Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer einzuführen. Was spricht eigentlich dagegen, Familien den Ersterwerb einer Immobilie zur Eigennutzung grunderwerbsteuerfrei zu stellen? Wäre absolut zielführend, man befürchtet aber massive Steuerausfälle.
Aber auch für die drohenden Steuerausfälle gäbe es eine einfache Lösung, man müsste nur die sogenannten Share-Deals mit Grunderwerbsteuer belegen. Was ist ein Share-Deal? Share heißt übersetzt Anteil, d. h. es werden keine Immobilien, sondern Anteile an Gesellschaften gehandelt. In der Praxis werden größere Immobilienprojekte in jeweils separaten Projektgesellschaften gebündelt und anschließend vom Projektentwickler die Anteile an dieser Gesellschaft verkauft. Wenn der gekaufte Anteil unter 95 % beträgt, fällt für den Investor dafür keine Grunderwerbsteuer an.
Beispiel: Eine Immobilieninvestition von 100 Mio Euro wird über eine Projektgesellschaft abgewickelt und anschließend an einen Investor verkauft. Der Investor spart sich bei einem ordnungsgemäß abgewickelten Share-Deal in Thüringen die Grunderwerbsteuer in Höhe von 6,5 Mio Euro. Wenn man annimmt, dass der durchschnittliche Kaufpreis für eine Wohnimmobilie in Thüringen bei 250 TEUR liegt (= 16,25 TEUR Grunderwerbsteuer), könnten für die Grunderwerbsteuer eines Share-Deals in der vorgenannten Höhe 400 Familien von der Grunderwerbsteuer befreit werden.
Leider ist keine konkrete Anzahl für die sogenannten Share-Deals bekannt. Wer allerdings glaubt, dass diese viel zu selten seien, den halte ich für naiv
Das der Immobilienmakler auf der politischen Abschussliste steht, wird spätestens dann klar, wenn man die Randbedingungen der Gesetzesinitiative der Grünen zur Einführung des Bestellerprinzips beim Verkauf anschaut. Da findet man nämlich den Vorschlag, dass die Maklerprovision grundsätzlich auf 2 % inklusive Mehrwertsteuer beschränkt werden soll. Wie dies in Randgebieten wie Gera, wo der durchschnittliche Kaufpreis in einem Maklerbüro bei ca. 100 TEUR liegt, wirtschaftlich funktionieren soll, wird nicht erklärt. Wenn dies so oder nur annähernd so ähnlich Wirklichkeit wird, werden viele Maklerbüros aus wirtschaftlichen Gründen schließen müssen.
Insgesamt bin ich kein Gegner des Bestellerprinzips, eher ein Befürworter. Aber nur dann, wenn es ein echtes Bestellerprinzip wird, d. h. ein Käufer auch eine realistische Chance hat, Besteller zu werden. Die Fehler, die bei der Einführung im Vermietungsbereich gemacht wurden, müssen aus meiner Sicht zwingend verhindert werden.
Auch die Begrenzung der Maklerprovision würde ich durchaus befürworten, wenn diese der Höhe nach entsprechend des notariellen Kaufpreises gestaffelt wäre und dem Makler eine Überlebenschance lässt.
Ich würde es sehr begrüßen, wenn ein schriftlicher Auftrag für die Verkaufsvermittlung zwingend erforderlich wird und der Gesetzgeber endlich die von den Fachverbänden schon länger geforderte Prüfung der fachlichen Qualifikation einführen würde. Dies würde nämlich sehr schnell die gewünschten positiven Effekte bringen und viele schwarze Schafe schnell vom Markt fegen.