Immotipp 189-192: Das Bestellerprinzip – Fluch oder Segen?
Es wurde schon lange diskutiert, war wesentlicher Bestandteil des Bundestagswahlkampfes und wird jetzt kommen: Das sogenannte Bestellerprinzip für Maklerleistungen im Vermietungsbereich. Was bedeutet es eigentlich und was wird das für Auswirkungen auf den Immobilienmarkt haben?
Zukünftig soll derjenige für Maklerleistungen bezahlen, der die Leistung bestellt, d. h. den Auftrag erteilt. Grundsätzlich erscheint dies auf den ersten Blick gerecht zu sein, doch ist es das wirklich? In Wohnmetropolen, wie München oder Hamburg, ist es nahezu unmöglich, ansprechenden Wohnraum zu finden, ohne Maklerleistungen zu nutzen. Hier war es bisher so, dass es sich der Eigentümer sehr einfach gemacht hat und die umfangreiche Arbeit der Neuvermietung an Makler übergeben hat, da die Leistungen des Maklers vom Mieter bezahlt wurden. D. h. der Eigentümer hat die Leistung „bestellt“, aber der Mieter hat diese bezahlt. Doch löst das geplante Bestellerprinzip die Grundproblematik? Ich denke nicht, denn ansprechender Wohnraum ist in diesen Regionen nur in sehr stark eingeschränktem Umfang vorhanden. Auch die Einführung des Bestellerprinzips wird an dieser Situation nichts ändern. Es wird auch zukünftig kein einziger Mietinteressent an solchen Standorten leichter an Wohnraum kommen.
Allerdings geht die Politik irriger Weise davon aus, dass zukünftig Umzüge für Mietinteressenten preiswerter werden. Warum dies nicht so kommen wird, erklären wir Ihnen im 2. Teil dieser Serie.
Die Bildzeitung titelte neulich, dass es zukünftig keine Maklerprovision für Mieter mehr geben wird. Diese plakative Überschrift entspricht aber leider nicht den Tatsachen. Denn entgegen der Annahme Vieler ist es durchaus möglich, dass der Mieter den Makler mit der Suche nach einem geeigneten Mietobjekt beauftragt. Dann wird er zum Besteller und damit zahlungspflichtig. Diese Veränderung in der Vorgehensweise wird in Ballungsräumen Einzug halten.
Wenn es in einem Markt mehr Nachfrage als Angebot gibt, hat der Anbietende die bessere Verhandlungsbasis. In Ballungsräumen wird dies dazu führen, dass sich Immobilienmakler zunehmend von Mietinteressenten beauftragen lassen, nach geeignetem Wohnraum zu suchen. Mietern wird kaum etwas anderes übrig bleiben, als dies zu tun, da sie sonst überhaupt keine Chance haben, überhaupt etwas zu finden. Der Makler wird ihm, um Geld verdienen zu können, nur die neu hereinkommenden Angebote offerieren, da er nur für diese eine entsprechende Provision vom Mieter verlangen darf.
Auch wenn das die Öffentlichkeit noch nicht wahrhaben will, die dafür notwendigen technischen Voraussetzungen haben die ersten Maklerbüros bereits geschaffen. Mir ist ein Kollege in Hamburg bekannt geworden, der schon jetzt nach dem Bestellerprinzip arbeitet, aber auch nur vom Mieter „bestellt“ wird. D. h. bei ihm zahlt weiterhin der Mieter die Provision. Das vom Gesetz Gewollte wird somit aus meiner Sicht nicht eintreten.
Mir ist es wichtig festzuhalten, dass das Bestellerprinzip (vorerst) nur für den Vermietungsbereich gelten und auch erst in 2015 kommen soll, d. h. die Situation bleibt bis dahin wie bisher. Weiterhin ist mir wichtig, dass die Einführung für Gera keine großen Auswirkungen haben wird, denn aufgrund der örtlichen Marktlage ist es bei uns eh so, dass der Eigentümer in den meisten Fällen die Maklerkosten für die Neuvermietung übernimmt. Und genau deshalb lohnt sich auch mal ein Blick auf den Geraer Vermietungsmarkt. Wie sieht dieser Markt aktuell aus?
Nachdem das Angebot meist größer ist als die Nachfrage, müssen sich die Anbieter deutlich mehr Mühe geben, als an anderen Standorten. Gute Fotos, grafisch ansprechende Grundrisse und eine ordentliche Beschreibung des Mietangebotes sind in den meisten Fällen zu finden. Für diese gute Aufbereitung, die Suche nach geeigneten Mietinteressenten sowie die Durchführung der Besichtigungen (manchmal bis zu 15 Termine pro Einheit) zahlt der Eigentümer das Honorar an den von ihm beauftragten Makler. Er weiß, dass es ihm in den meisten Fällen nicht gelingen wird, eine derartig professionelle Marktpräsentation vorzunehmen. Gute Arbeit wird bezahlt und bei Zufriedenheit in zukünftigen Fällen auch gerne wieder in Anspruch genommen. Daraus folgt, dass ein Makler mit einer guten Dienstleistung vor dem Bestellerprinzip keine Angst zu haben braucht. Der Eigentümer wird ihn bei guter Leistung immer wieder gerne beauftragen.
Resümee: Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Veränderung, dass zukünftig der Mieter keine Maklerprovision mehr zahlt, wird in Ballungsräumen nicht eintreten. In ausgeglichenen Märkten werden Kollegen zukünftig größere Schwierigkeiten haben, an Aufträge zu kommen, wenn Sie den Eigentümer nicht von der Qualität ihrer Leistung überzeugen können. Dies wird zwangsläufig in diesen Bereichen zu einer Marktbereinigung führen, da gute Makler schon heute kein Problem mit der Umsetzung des Bestellerprinzips haben. Das ursprünglich im Koalitionsvertrag aufgenommene Ziel, für eine höhere Qualifizierung des Maklerstandes zu sorgen, ist bisher außer Acht geblieben. Dies ist sehr bedauerlich.
Bei allem Aktionismus des Gesetzgebers wird das eigentliche Problem der Wohnungsknappheit aber nicht gelöst. Durch Populismus wird von den Notwendigkeiten abgelenkt und der „schwarze Peter“ den Immobilienmaklern zugeschoben.
Da davon auszugehen ist, dass das Bestellerprinzip zu einer besseren Maklerleistungen führen wird, bin ich ein absoluter Befürworter dieser Gesetzesänderung. Ich bin davon überzeugt, dass das Bestellerprinzip viele „schwarze Schafe“ unserer Branche beseitigen hilft. Ich arbeite schon sehr viele Jahre transparent und muss mich deshalb vor der Zukunft nicht fürchten. Ich freue mich sogar darauf.
Hinweis für den anonymen Kommentator: Alle Teile dieser Serie waren schon geschrieben, bevor Ihr erster Brief bei uns eingegangen ist. Mir wäre eine persönliche Diskussion lieber gewesen, denn ich muss mich für meine Meinung nicht verstecken.